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Supervision
Supervision ist die Beratung beruflicher Praxis.
Wie aber methodisch oder mit welchen Grundannahmen über berufliches Handeln sich Supervision dieser Praxis zuordnet, wie SupervisorInnen ihre Rolle in diesem Beratungsprozess verstehen, welche Vertragsbedingungen und Arrangements (Settings) angeboten und verhandelt werden und wie die Balance zwischen Struktur und persönlichen Bedingungen gehandhabt wird, unterscheidet supervisorisches Handeln und die Kollegen, die diese Profession ausüben. Supervision bezieht sich auf Arbeitssituationen, ihre strukturellen / institutionellen Bedingungen und auf die durch diese Situation geprägte Interaktion zwischen Menschen, die zugleich in diesem Kontext als Rollenträger zu verstehen sind. In Organisationen sind Menschen aktiv am Zustandekommen der Rollen und Beziehungen beteiligt und definieren auf der Basis ihrer Geschichte die Chancen geglückter Rollenübernahme und Interaktion. Diese Vorgänge sind komplex und ereignen sich im praktischen Vollzug gleichzeitig. Jede Theorie von Supervision muss sich auf diese Gleichzeitigkeit und Komplexität beziehen. Nach meiner Auffassung sind
- die mehrdimensionale Wahrnehmungsfähigkeit beruflicher Situationen und
- die bewusste Handhabung der eigenen Person als Interventionsinstrument
die wesentlichen Merkmale professioneller sozialer Kompetenz, die SupervisorInnen der Beratung zur Verfügung stellen. Entsprechend geht es bei organisationsbezogenen Supervisionsprozessen um die Entwicklung institutioneller Strukturen, die
- die Zusammenarbeit von Personen als Träger professioneller Rollen / Funktionen fördern, und
- dem Produkt, Adressaten- bzw. Klientensystem gerecht werden.
Kaum eine Beratungsaufgabe ist so vielschichtig wie Supervision und stellt gerade durch diese Vielschichtigkeit eine hohe Anforderung an das Kompetenzprofil der SupervisorInnen. Die nachstehende Grafik soll diese Vielschichigkeit visualisieren:
Supervision bezieht sich auf:
Beziehungsdynamik
Hier werden Fragen besprochen, die die gelungene Interaktion zwischen dem/den Supervisanden und den Adressaten ihrer Tätigkeit fördern. Die Verbesserung einer (Arbeits-)Beziehung bedarf der Selbstreflexion. Supervisanden (einzelne Personen, Gruppen oder Organisationseinheiten) finden in der Supervision einen Raum, das eigene Handeln bezogen auf ihre Geschichte, ihre Motive und emotionalen Verstrickungen besser zu begreifen. Supervision fördert das Verständnis des Adressatensystems über Empathie und die Auseinandersetzung mit fremden Rollen. Durch Prozesse der Selbstreflexion und durch Schaffung von Verstehenszugängen zum jeweiligen Anderen bearbeitet Supervision die Beziehungsdynamik beruflicher Interaktion.
Berufsdynamik
Der Bezug zwischen der Person und der beruflichen Rolle, die sie in einem Arbeitsfeld einnimmt, ist oft von inneren und äußeren Konflikten begleitet. Ungelöste Konflikte sind sowohl für die Person als auch für das Unternehmen, dem die erfolgreiche Rollenausübung verweigert wird, problematisch und kostspielig. Supervision trägt zu einer bewussteren und facettenreicheren Rollenübernahme (Übernahme einer Funktion) bei. In der Supervision werden alte Beziehungsmuster, die nicht zu der beruflichen Situation passen (z.B. Übertragungen früherer Konflikte mit Autoritäten), sichtbar. Ebenso ist Supervision ein Reflexionsort, der es ermöglicht, sich in der erlebten Parzellierung durch vielfältige Rollen zurechtzufinden, ohne die Integrität der Person zu gefährden. Auf der anderen Seite ist Supervision auch Strategieberatung, die dazu beitragen soll, dysfunktionale Rollengrenzen auszuweiten, eigene Rollen mit anderen Rollen zu verknüpfen und persönliche Schwerpunkte und Kompetenzen in diesem Rollenskript zu verwirklichen.
Organisationsdynamik
Wie sich Funktionen in Organisationen verknüpfen, in welchem Rahmen (Strukturen, Regeln und Absprachen) dieses erfolgt und wie Positionsträger ihre Kompetenzen gegenseitig nutzbar machen, welche Systemmerkmale, Funktionen und Rollen die Arbeitsprozesse förderlich oder hinderlich beeinflussen, sind Fragestellungen, die unter organisationsdynamischen Aspekten der Supervision bearbeitet werden. Supervision trägt in der Teamsupervision und der Beratung von Abteilungen und Teilorganisationen zur Veränderung solcher Prozesse bei. Führungskräften hilft sie bei der Gestaltungsaufgabe, und einzelnen Mitarbeitern hilft Supervision, sich in der Organisation von Arbeit zurechtzufinden und eigene Gestaltungsräume und Kompetenzen zu erweitern. Dieser Aspekt der supervisorischen Arbeit ist in der Organisation transparent und mit der Organisationsführung vertraglich abgesichert.
Felddynamik
Zwischen den Adressaten und der Institution, die sich auf diese Adressaten bezieht, ergibt sich eine gestaltbare Spannung, die unter felddynamischen Aspekten der Supervision behandelt wird. Welche besonderen Bedingungen der angesprochenen Abnehmersysteme bestimmen die Organisation? Wie lässt sich diese Beziehung so gestalten, dass Qualität entsteht, dass sie sich erfolgreich an den Bedürfnissen der Adressaten orientiert und zugleich das eigene Profil bewahrt und verdeutlicht? Wie werden Mitarbeiter von dieser Dynamik berührt, und wie wird die oft vorhandene Spannung in der direkten Interaktion gehandhabt? All dieses sind Fragen, die sich aus der Beachtung des Arbeitsfeldes in der Supervision ergeben. Falsche Annahmen über das Adressatensystem und fehlende Kundenorientierung sind Gegenstand der Handlungsplanung in der Supervision. Sowohl die Reflexion und Veränderung von Arbeitskonzepten als auch die kritische Beachtung der Stellung der Institution im Kontext anderer Institutionen und Interventionen führt zu einer Verbesserung von Marktchancen, zur Vernetzung mit anderen Organisationen und zu abnehmerorientierten Strategien.
Gleichzeitigkeit
Die gerade skizzierten Fragestellungen bestimmen immer gleichzeitig die Ursachen und Lösungsideen der Fallbehandlung in der Supervision. Auch wenn in der konkreten Arbeit in der Supervision nur einige Aspekte im Vordergrund der Aufmerksamkeit stehen und besprochen werden, sollen supervisorische Konzepte diese Gleichzeitigkeit der verschiedenen Perspektiven auf eine zentrale Fragestellung hin bearbeiten können. In dieser Beschreibung supervisorischen Handelns ist verständlich, warum ich darauf verzichte, marktgängige, meist therapeutischen Schulen entliehene Konzeptbehauptungen der supervisorischen Tätigkeit voranzustellen. Solche Definitionen reichen – nimmt man sie ernst – nur für Bearbeitungen der beziehungs- und berufsdynamischen Aspekte in der Supervision. Gleichwohl sind therapeutische und methodische Orientierungen hilfreich, um zu beschreiben, welchen Verstehenszugängen und Interventionskonzepten sich die SupervisorInnen bei der Bearbeitung von Problemstellungen verpflichtet fühlen.
2.6 Lernen in der Supervision
Werden in der Aufmerksamkeit auf die verschiedenen Aspekte des Falles/der Problemstellung immer und zugleich Persönlichkeitstheorien, Feldannahmen, Organisationswissen und Rollenkonzepte berührt, so geschieht das Lernen in der Supervision nicht ausschließlich im fallbezogenen Besprechen dieser Aspekte. In der Gestaltung der Lernbeziehungen der SupervisionsteilnehmerInnen untereinander und zum/zur SupervisorIn werden auch all die beschriebenen Fragestellungen berührt. Supervision selbst ist Beziehungshandeln, sie institutionalisiert sich in der Praxis der SupervisorInnen und in den Verträgen, die mit Personen und Organisationen verhandelt und geschlossen werden. Als angewandte Reflexionspraxis bewegt sie sich in Feldern und ist selbst ein berufliches Feld. Sie wird von Personen ausgeübt, deren Fähigkeit zur Selbstreflexion oft über den Erfolg der Supervision entscheidet. Die transparente Handhabung der immanenten Bedingungen des Lernortes Supervision gehört unabdingbar zur Kompetenz der SupervisorInnen. Denn was sich in der Supervision ereignet, kommentiert immer auch den Gegenstand (den Fall, die Fragestellung), der im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit steht.
Supervision – Coaching
Der Begriff Coaching wird in sehr unterschiedlichen Bedeutungen gebraucht. Gemeint ist ein Vorgang der Beratung und Begleitung eines Mitarbeiters oder einer Führungskraft in beruflichen Fragestellungen. Dabei ist an eine Rollenvorstellung des Beraters gedacht, die sich in der direkten Art der Lösungsgestaltung an der Tätigkeit von Sporttrainern orientiert. Eine solche direkt Einfluss nehmende Beratung wird dann konsequenterweise auch nicht nur durch externe Berater durchgeführt, sondern beschreibt auch eine Methode der Mitarbeiterführung („Die Führungskraft als Coach“). Als Bestandteil supervisorischer Kompetenz ist Coaching ein Beratungsansatz, der in meist kurzfristigeren Settings konsequent lösungsorientiert und oft unter Vernachlässigung biografischer und geschichtlicher Aspekte der Fragestellung und der anfragenden Person, konkretes Handeln im angefragten Konflikt plant und modifiziert. Für manche Berater ist es nur ein zusätzliches Angebot auf der Visitenkarte, da außerhalb der Not-for-Profit-Welt Coaching eine verkäuflichere Dienstleistung als Supervision zu sein scheint. Ich vertrete ein Konzept, das Coaching zu einer möglichen Settingsvariablen supervisorischer Interventionen macht. Ebenso bin ich überzeugt, dass Supervision sich daran messen lassen muss, inwieweit diese Beratung zur Lösung der vorgestellten Konflikte taugt (vgl. dazu auch JANSEN. B. (2000), Sind Supervisoren für Lösungen verantwortlich? und JANSEN. B.: (2002), Selbstdarstellung – Aspekte zu einer Berufsbilddiskussion (beide Artikel stehen Ihnen im Downloadbereich meiner Internetseite zur Verfügung) Bei aller Lösungsorientierung bleibt jedoch entscheidend, ob die Vielschichtigkeit der jeweiligen Fragestellung in der Beratung Raum und Beachtung findet. Als Coach und als Supervisor werde ich aktiv mithelfen, dass Antworten und Lösungen gefunden werden. Das geschieht in kurzfristigen fokalen Fragestellungen (Coaching) und in der Langfristigkeit von Personen-, Rollen- und Strukturentwicklung in der Supervision.